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Zöllner sind die Beamten, die am Flughafen Koffer kontrollieren? Wer das glaubt, wird überrascht sein, wie vielseitig die Aufgabengebiete des Zolls wirklich sind. Vom Verbraucherschutz zur Frachtabfertigung, Schwarzarbeitsbekämpfung und dem Artenschutz ist alles dabei.
Wenn Nadine Nestler (29) morgens zur Arbeit kommt, schaut sie erst mal auf den Arbeitsplan, um zu sehen, was für sie an diesem Tag geplant ist. Manchmal ist das eine sogenannte Maßnahme, manchmal aber auch Dienstsport oder Schießübungen. Wenn eine Maßnahme geplant ist, also ein Einsatz vor Ort, geht es zuerst in die Einsatzbesprechung.
Jeder aus Nadines Abteilung übernimmt die Leitung eines Einsatzes für die eigenen Fälle – heute ist das eine junge Kollegin von Nadine. Es geht um eine Baustelle am anderen Ende der Stadt. Es besteht der Verdacht, dass dort ausländische Bauarbeiter beschäftigt sind, die keinen gültigen Arbeitsvertrag haben.
Schon im Vorhinein haben Kollegen die aktuelle Lage gut ausgekundschaftet. Sie haben Fotos vom Gebäude, in dem gebaut wird, und der Umgebung gemacht. So kann sich das Team schon vorab mit dem Gelände vertraut machen. Außerdem teilt die Leiterin Stadtpläne aus, auf denen markiert ist, welche Route das Team nehmen soll. Sechs Zweierteams sind heute mit im Einsatz, von denen ein Teil den Vordereingang des Hauses nehmen wird und die anderen, darunter auch Nadine mit ihrem Kollegen, den Hintereingang. Kurz vor dem Einsatz treffen sich alle Einsatzfahrzeuge noch einmal auf einem Parkplatz in der Nähe, um sicher zu gehen, dass das Team komplett ist.
Und dann geht alles ganz schnell: Alle Autos fahren das letzte Stück in Kolonne, füllen den Parkplatz und das Team teilt sich auf. Innerhalb weniger Minuten ist das Haus durchkämmt und die Arbeiter werden kontrolliert. Nadine und ihre Kollegen nehmen die Personalien auf und fragen ab, ob den Arbeitern der Mindestlohn gezahlt wird und sie eine Sozialversicherung haben. Alle angetroffenen Personen sind verpflichtet, den Zollbeamten Auskunft zu geben.
Nadine befragt drei Maurer, die gerade im Keller an einem neuen Türbogen arbeiten. Dabei bleibt sie immer freundlich und respektvoll. Einer der Männer hat heute keinerlei Ausweispapiere dabei, doch durch ihre ruhige und kommunikative Art kann sie Ärger verhindern.
Dieser Einsatz ist eine reguläre Überprüfung von Arbeitnehmern, wenn es einen klaren Verdacht gibt, kann auch eine Durchsuchung durchgeführt werden. Dabei werden Arbeitsstätten durchsucht, die unter Verdacht stehen, Steuern zu hinterziehen. „Bei Durchsuchungen geht es darum, Beweismittel sicherzustellen, damit Ermittlungsverfahren weitergeführt werden können“, erklärt die junge Zollinspektorin. In so einem Fall ist besonders die Buchhaltung sehr interessant, alle Papiere, aus denen hervorgehen könnte, dass Steuern hinterzogen wurden, also Lohnunterlagen oder auch Stundennachweise, werden mitgenommen.
Nach dem Einsatz auf der Baustelle geht es für die Zollbeamte zurück in ihre Zollabteilung, um die eingesammelten Daten auszuwerten. Dabei arbeiten sie mit verschiedenen anderen Behörden zusammen, zum Beispiel dem Jobcenter oder der Deutschen Rentenversicherung. Diese können Auskünfte darüber geben, ob Arbeitnehmer ordnungsgemäß versichert sind, oder ob sie arbeitslos gemeldet sind und damit schwarz arbeiten. Mit diesen Informationen kann der Fall weiter bearbeitet und letztlich abgeschlossen werden.
Auf ihr Team muss und kann sich Nadine immer verlassen. Auch nach dem Einsatz wird gemeinsam ausgewertet, welche Gefahrenpunkte vorhanden waren, wie damit umgegangen wurde und woran die Kollegen noch etwas verbessern können.
Jeder Tag sieht für Nadine anders aus und auch auf lange Sicht hat sie beim Zoll vielfältige Möglichkeiten. Bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist sie erst seit etwas mehr als einem Jahr. Davor war sie am Flughafen und hat in der Frachtabfertigung gearbeitet – ein ganz anderes Arbeitsumfeld als sie heute hat. Dort brauchte sie ein umfangreiches Wissen über viele Gesetze in Deutschland, vom Artenschutz über Waffengesetze, Arzneimittelgesetze, Drogen oder Produktpiraterie.
Heute hat sie ein anderes Aufgabengebiet und konnte beim Wechsel ihre Flexibilität unter Beweis stellen. Außerdem muss sie hier eine Waffe tragen und dafür einen Sporttest bestehen und einen medizinischen Check machen lassen. Nadine erzählt, dass es gerade die Abwechslung ist, die sie an ihrem Beruf besonders schätzt.
In ihrer Ausbildung wurde Nadine auf alle Einsatzbereiche vorbereitet. In einem dualen Studium hat sie die theoretischen Grundlagen erlernt und konnte diese dann in drei Praktika direkt in den verschiedenen Bereichen anwenden. Nadine hat sich schon damals für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und die Abfertigung am Flughafen interessiert. Außerdem konnte sie in den Prüfdienst für Steuern und Abgaben hineinschnuppern. Die Theorie im Studium umfasst verschiedene Bereiche: das Verwaltungs- und Beamtenrecht, Zollrecht, umfangreiche Verbote und Beschränkungen, aber auch betriebswirtschaftliche Aspekte. In einem Sprachkurs wurden Fachbegriffe behandelt, die man für den Einsatz beim Zoll braucht. Die Sportausbildung gehörte auch hier schon dazu.
Für Nadine bietet dieser Job die perfekte Balance aus selbstständigem Arbeiten, Teamwork, Innen- und Außeneinsätzen und Flexibilität. „Ich habe eine Aufgabe, die mich fordert und mit der ich mich identifizieren kann.“
Auch in Zeiten der offenen EU-Grenzen wird der deutsche Zoll dringend gebraucht: Die Zollbeamtinnen und -beamten agieren nun mitten im Inland und an den EU-Außengrenzen der nationalen See- und Flughäfen. Im Zuge der Globalisierung hat das Zollengagement neue Dimensionen bekommen: Neben der Kontrolle des internationalen Personen- und Warenverkehrs seid Ihr verantwortlich für die Bekämpfung von Drogen- und Waffenschmuggel, Produktpiraterie, Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung, Geldwäschekriminalität oder etwa die Einhaltung der Bestimmungen des Artenschutzes.
Beim Zoll gibt es verschiedene Einstiegsmöglichkeiten: Mit einem Hauptschulabschluss in Kombination mit einer passenden Berufsausbildung oder einem Realschulabschluss erfüllt Ihr die Kriterien für den Mitteleren Dienst. Mit dem Abitur oder der Fachhochschulreife seid Ihr bereit für den Gehobenen Dienst. Hochschulabsolventen können auch in den Höheren Dienst eintreten. Gefragt sind Leistungsbereitschaft, Flexibilität und Teamfähigkeit. Außerdem müsst Ihr bereit sein, Dienstuniform und Dienstwaffe zu tragen. Keine Chance hat, wer vorbestraft ist.
Die Ausbildung dauert in der Regel zwei bis drei Jahre und findet dual mit Unterricht an speziellen Ausbildungsstätten in Deutschland und der Berufspraxis in den Zolldienststellen des Ausbildungshauptzollamtes statt.
Ausgebildet werdet Ihr in praktischen Einheiten bei der Zollverwaltung, z.B. bei Bundesfinanzdirektionen, Hauptzollämtern, dem Zollkriminalamt oder dem Wasserzoll, sowie theoretisch in den Schulungszentren des Zolls.
Beim Zoll beträgt das Anwärtergrundgehalt ca. 1000 bis 1060 Euro brutto im Monat.